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Klimakrise erfordert dringende internationale Veränderungen: Bericht

Fire fighting helicopter carry water bucket to extinguish the forest fire

Zu Beginn der 28. UN-Klimaverhandlungen in Dubai, die gemeinhin als COP28 bezeichnet werden, warnt eine Gruppe von Fachleuten, dass dringende und entschiedene Änderungen am internationalen System erforderlich sind, um die Klimakrise zu bewältigen.

Laut einem Bericht, den die Climate Governance Commission Anfang dieser Woche veröffentlicht hat, steht die Welt vor einer „sich vertiefenden planetarischen Notlage“ und „Bedingungen einer weltweiten Polykrise“, die durch umfassende Auswirkungen „laufender oder drohender Überschreitungen mehrerer, die Biosysteme des Planeten unterstützender Grenzen“ gekennzeichnet ist. Die Kommission ist der Ansicht, dass die derzeitigen politischen Maßnahmen und institutionellen Reaktionen bei der Bewältigung dieser Situation „dramatisch hinterherhinken“.

Obgleich „beängstigend“, glaubt die Kommission, dass die aktuellen Herausforderungen „lösbar“ sind, wenn umgehend weitreichende Maßnahmen ergriffen werden, um „das Schlimmste“ abzuwenden. Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit „neuartiger Ansätze für die globale Governance“ und präsentiert kurz- und mittelfristige Vorschläge „für wesentliche und substanzielle Verbesserungen der Governance im gesamten internationalen System“, die innerhalb von ein bis fünf Jahren umgesetzt werden sollten. Zu den empfohlenen Sofortmaßnahmen gehören die Ausrufung eines planetarischen Notstands durch die UN-Generalversammlung und eine Überprüfung der UN-Klimaverhandlungen, damit diese bessere Ergebnisse liefern.

Eine sofortige Überprüfung des UN-Klimaverhandlungsprozesses

Governing Our Planetary Emergency: Bericht der Climate Governance Commission, November 2023

Die Gruppe, die sich aus 36 Mitgliedern und „beitragenden Fachleuten“ zusammensetzt, wird von Mary Robinson, der ehemaligen Präsidentin von Irland, María Fernanda Espinosa, der ehemaligen Präsidentin der UN-Generalversammlung, und Johan Rockström, dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, geleitet. Im Vorwort schreiben die Ko-Vorsitzenden, dass die Kommission „einen Wandel in der globalen Governance einleiten und einen praktischen Weg für ehrgeizige und machbare Klimaschutzmaßnahmen aufzeigen will, um eine sichere, blühende und nachhaltige Zukunft für alle zu gewährleisten“

„Mit neuen Befugnissen und Fähigkeiten ausgestattet, müssen die derzeitigen und neue internationale Regierungsinstitutionen eine kompetente Krisenführung ausüben und Notfallpläne, Katastrophenvorsorge und eine neue Generation wirksamer Maßnahmen entwickeln und einsetzen“, heißt es in dem Bericht.

Abgesehen von „dringenden Verbesserungen“ des UN-Klimaverhandlungsprozesses und der Ausrufung eines planetarischen Notstands durch die UN, beinhalten die kurzfristigen „Arbeitsvorschläge“ des Dokuments unter anderem die „Entwicklung eines planetarischen Notfallplans“; die Schaffung eines „Science-Policy-Action Network“, das die planetarischen Grenzen überwacht; die Anerkennung der Umwelt als eine wichtige Säule der UN-Aktivitäten neben Entwicklung, Frieden und Sicherheit sowie Menschenrechten; eine Stärkung der Rolle des UN-Umweltprogramms; eine Reihe wirtschaftlicher und finanzieller Maßnahmen, darunter eine „kalibrierte globale Kohlenstoffsteuer“ und eine internationale Abgabe auf den kurzfristigen Handel mit Devisen; eine Stärkung der rechtlichen Rahmenbedingungen, einschließlich einer besseren Nutzung des Internationalen Gerichtshofs; neue Mechanismen für Bürgerbeteiligung; die Harmonisierung des Handels- und Investitionsrechts mit der Klimapolitik; die Verpflichtung der Wirtschaft zu einem ökologischen Übergang durch „hochwertige freiwillige bis verbindliche Standards“ sowie eine bessere Vertretung kommunaler Körperschaften in multilateralen Foren.

Die Vorschläge müssen innerhalb von ein bis fünf Jahren umgesetzt werden

Im Bereich „Bürgerbeteiligung in der Global Governance“ verweist der Bericht auf die Vorschläge der Kampagne „We the Peoples“ für eine inklusive Global Governance, die von über 200 Gruppen und Netzwerken der Zivilgesellschaft unterstützt wird. Die Einrichtung einer Parlamentarischen Versammlung bei den Vereinten Nationen, kurz UNPA, „würde gewählten Bürgervertretern eine Rolle bei der Festlegung der Agenda und der Entscheidungsfindung der UNO geben“, erklärt das Dokument. Weiter heißt es: „Durch Fachausschüsse könnte die Arbeit einer UNPA im Laufe der Zeit je nach Bedarf mit den relevanten Gremien, Institutionen und Aktivitäten des UN-Systems und darüber hinaus verbunden werden, was sie zu einem parlamentarischen Dach der multilateralen Zusammenarbeit machen würde, das Fragmentierung überwinden hilft. Zu Beginn könnte sich die Arbeit auf ausgewählte Themen wie die Klimapolitik konzentrieren.“

Ergänzend zu einer UNPA „wären die parallelen, unterstützenden Mechanismen eines Beauftragten der Zivilgesellschaft für das UN-System auf der Ebene eines UN-Untergeneralsekretärs oder stellvertretenden Generalsekretärs“ und „eine Weltbürgerinitiative als Instrument, das es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, Vorschläge zu wichtigen Themen von globalem Interesse zur Diskussion und zum weiteren Vorgehen auf höchster politischer Ebene zu unterbreiten.“

Eine Parlamentarische Versammlung bei den UN zur Verbesserung der Repräsentation und Rechenschaftspflicht

„Angesichts der globalen Polykrise und des systemischen Versagens der Global Governance, insbesondere im Bereich der Klimapolitik, müssen wir die Effizienz, Glaubwürdigkeit und Legitimität der internationalen Governance-Systeme in mehrfacher Hinsicht verbessern. Die Überlegung, ein beratendes globales parlamentarisches Gremium einzurichten, ist dabei ein wichtiges Element“, kommentierte die Koordinatorin der Kommission und Völkerrechtlerin Maja Groff.

Zusätzlich zu diesen kurzfristigen Maßnahmen schlägt der Bericht vor, dass „die Planung und ernsthafte Expertendiskussion über eine verbesserte internationale Governance der nächsten Generation“, die innerhalb von drei bis fünf Jahren umgesetzt sein muss, „jetzt beginnen sollte“.

Eine Globale Umweltagentur als zentrale Autorität in diesem Bereich

Dazu gehört die Umwandlung des UN-Umweltprogramms in eine „Globale Umweltagentur“, die „als zentrale Behörde für das Klima und andere wichtige Fragen der planetarischen Umweltpolitik“ fungiert und langfristig mit einem Mandat ausgestattet ist, verbindliche Regelungen auf der Grundlage von Mehrheitsentscheidungen zu treffen. Außerdem wird ein Internationaler Umweltgerichtshof mit obligatorischer Gerichtsbarkeit empfohlen sowie eine „Neuerfindung“ des internationalen Finanzsystems. Die Kommission stellt sich vor, dass der UN-Sicherheitsrat in einen „Exekutivrat“ umgewandelt wird, der nicht nur für die Umsetzung der kollektiven Sicherheit, sondern auch für andere Aufgaben zuständig ist. Die UNPA wiederum „könnte im Laufe der Zeit gestärkt werden“ und „die beratenden und gesetzgebenden Funktionen der Globalen Umweltagentur“, einen „integrierten Ansatz für die globale Governance bei verwandten Themen“ sowie die „Rechenschaftspflicht der globalen Governance gegenüber den Menschen“ übernehmen.

Dem Bericht zufolge plant die Kommission, „verschiedene, hochrangige Arbeitsgruppen zu bilden, um ihre Empfehlungen zu verfeinern und sich für die damit verbundenen Veränderungen einzusetzen“. Darüber hinaus arbeitet sie mit dem World Federalist Movement und Citizens for Global Solutions zusammen, um die Kampagne Mobilizing an Earth Governance Alliance, kurz MEGA, ins Leben zu rufen, die „darauf abzielt, staatliche und nichtstaatliche Akteure in einer neuen Art von Smart Coalition zu vereinen, die dem planetarischen Notstand begegnet“.

Der offizielle Start von MEGA soll im Januar 2024 erfolgen. Demokratie ohne Grenzen ist eine der unterstützenden Organisationen.

Die Climate Governance Commission ist der Ansicht, dass der für September 2024 geplante sogenannte „Zukunftsgipfel“ der UNO eine Gelegenheit ist, einige ihrer Vorschläge umzusetzen.