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Eine Weltgemeinschaft demokratischer Staaten auf Grundlage der NATO und der OECD?

NATO meeting in Brussels in 2010. Is it time to transform and democratize the alliance?

Angesichts einer Welt, die immer gefährlicher zu werden scheint, ist die Förderung von Demokratie dringlicher denn je. Die Gefahr eines Atomkrieges hängt wieder einmal in der Luft. Autokratische Regime erheben sich in zahlreichen Ländern. Das Chaos im Nahen Osten und in Afghanistan scheint endlos und die Zahl der mittellosen Flüchtlinge hat weltweit ein Rekordniveau erreicht. In der Zwischenzeit erheben China und Russland immer entschiedener Machtanspruch im Südchinesischen Meer, auf der Krim und in der Ukraine.

Die etablierten Demokratien weltweit, und vor allem die USA, stecken währenddessen in erheblichen Schweirigkeiten, wenn es darum geht, auf diese Krisensituationen zu reagieren. Es scheint die Demokratie selbst zu sein, die sich in einer Krise befindet. Zu diesem Schluss kam kürzlich eine neue US-Arbeitsgruppe unter dem Namen „Demokratie in Europa“, bestehend aus 60 Außenpolitikexperten. Als besonders alamierend eingestuft wurde die Untergrabung der Demokratie in den NATO-Staaten wie Ungarn, Polen, und den USA selbst.

Demokratische Nationen müssen enger zusammenarbeiten

Die demokratischen Nationen der Welt müssen enger zusammenarbeiten, sowohl im als auch außerhalb des Rahmens der Vereinten Nationen.  Es ist an der Zeit, eine Weltgemeinschaft demokratischer Staaten zu bilden, um demokratische Werte zu verteidigen und zu fördern. Nur in Zusammenarbeit können diese Staaten ihre seit langem bestehenden Grundsätze der Freiheit und Menschenrechte schützen und gemeinsam mit den Vereinten Nationen auf Frieden in der Welt hinarbeiten. Längerfristig könnte sich eine solche Gemeinschaft sogar zu einer vollwertigen supranationalen Organisation mit globalem Parlament entwickeln, das dem Beispiel der Europäischen Union folgt.

Eine mögliche Grundlage für eine solche Gemeinschaft ist die NATO, die sich in den letzten Jahren langsam in diese Richtung entwickelt hat. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 verlor die NATO ihre ursprüngliche Rolle als Bollwerk Westeuropas gegen einen möglichen sowjetischen Angriff. Seitdem hat die NATO Schritt für Schritt eine neue Rolle übernommen. Sie bleibt als Dachorganisation für die Verteidigung der atlantischen demokratischen Staaten bestehen, fungiert nun aber auch als ihr Arm in außerterritorialen Sicherheits- und Friedensfragen. Ihre Einsätze zuerst in Bosnien und dann in Afghanistan und Libyen sind erste Beispiele dieses Trends und stehen voll und ganz mit den oben genannten Zielen der Gemeinschaft im Einklang. Diese Entwicklung ist besonders bedeutsam in Anbetracht der Debatte zwischen den EU-Mitgliedsstaaten darüber, ob sie sich bei ihrer kollektiven Verteidigung weiterhin auf die NATO verlassen oder ihre eigenen europäischen Streitkräfte aufbauen sollten. Diese beiden Optionen schließen sich zwar nicht unbedingt gegenseitig aus, aber eine Neuausrichtung der NATO in Verteidungsfragen würde ersteres attraktiver machen.

Umstrukturierung und Öffnung der NATO

Die NATO braucht einen klaren globalen Auftrag, zuerst die Sicherheit und Freiheit ihrer Mitgliedsstaaten zu gewährleisten und dann unter der Schirmherrschaft der UNO als ihr Arm zur Wahrung von Sicherheit und Frieden in der Welt zu agieren. Gleichzeitig sollte die Mitgliedschaft in der NATO auch stabilen Demokratien außerhalb Nordamerikas und Europas, z.B. Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland, zugänglich gemacht werden. Idealerweise sollte die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft jeder stabilen, demokratischen Nation offen stehen, vorausgesetzt sie erfüllen bestimmte Kriterien, die von den derzeitigen Mitgliedstaaten festgelegt werden.

Die Mitgliedschaft in der Gemeinschaft sollte jeder stabilen, demokratischen Nation offen stehen

Eine Umstrukturierung der NATO sollte sich am Vorbild der Europäischen Union orientieren und den Aufbau von zur demokratischen Staatsführung geeigneten Organen enthalten. Momentan ist es in der NATO üblich, Entscheidungen per Konsens zu treffen, was in der neuen Rolle die Gefahr mit sich bringt, zu Unetnschlossenheit und sogar totaler Blockade zu führen. Stattdessen sollte zumindest über die Entscheidungen, die funktionale Fragen innerhalb der vereinbarten Zuständigkeit der Organisation betreffen, nach dem Mehrheitsprinzip abgestimmt werden (vielleicht mit einer Opt-out-Klausel). Ein Nordatlantikrat, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind, sowie eine parlamentarische Versammlung der NATO als Grundlage für eine demokratische Kammer, existieren bereits. Allerdings ist die offizielle Anerkennung der Versammlung bisher gering und muss verbessert und formalisiert werden. Außerdem muss ein Gerichtshof eingerichtet werden, der bei der Auslegung des Gründungsvertrages Klarheit schafft und Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Völkerrechts beilegt. Dies würde den Grundstein für ein Rechtssystems bilden. Eine Verwaltung unter der Leitung des Generalsekretärs gibt es bereits in Brüssel, und der standardmäßige Jahreshaushalt der NATO beläuft sich auf etwa sechs Milliarden Dollar pro Jahr, was bereits größer ist als das Kernbudget der Vereinten Nationen.

Die neue Gemeinschaft sollte Mittel zur Förderung der Entwicklung in den weniger entwickelten Mitgliedstaaten nach dem Vorbild des Solidaritätsprinzips der Europäischen Union bereitstellen. Dies würde ein Gemeinschaftsgefühl unter den Mitgliedstaaten fördern und einen starken Anreiz für neue Staaten darstellen, der Organisation beizutreten. Dieser Aspekt könnte von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer Funktion als zweiter Arm der Gemeinschaft übernommen werden. Die Eingliederung der OECD würde dadurch vereinfacht werden, dass die Organisation bereits eine sehr ähnliche Mitgliedschaft wie die NATO hat.

Förderung von Sicherheit, Entwicklung und Demokratie

Die dreiteilige Mission der Gemeinschaft, ähnlich den erklärten Zielen der NATO und der OECD, würde darin bestehen, die Sicherheit aller Mitgliedstaaten vor Angriffen von außen zu gewährleisten, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen Sicherheits- und Friedenssicherungseinsätze für ihre Mitglieder durchzuführen, und ihre wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Eine derartige Weltorganisation würde auch in anderen Fragen wie der globalen Finanzstabilität oder der globalen Erwärmung ein koordiniertes Vorgehen erleichtern. Im weiteren Sinne wäre ihre Mission den gemeinsamen globalen und diplomatischen Interessen ihrer Mitglieder zu dienen. Der Zusammenschluss in einer Gemeinschaft könnte auch ein Weg für demokratische Staaten sein, um eine stärkere Rolle in UN-Gremien wie der Generalversammlung oder dem Sicherheitsrat zu spielen, mit dem Ziel, demokratische Prinzipien und die Weltorganisation selbst zu stärken.

Die Gemeinschaft wird nur mit Autorisierung vom UN-Sicherheitsrat eingreifen

Um Besorgnisse von Nichtmitgliedern im Bezug auf Übergriffe durch die neue Gemeinschaft zu zerstreuen, sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass militärische Interventionen nur mit Genehmigung durch den UN-Sicherheitsrat und im Einklang mit bestehendem Völkerrecht ausgeführt werden würden. Unter diesen Bedingungen könnte die Gemeinschaft als ein wirksames Mittel zur Durchsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrates dienen und damit eine Rolle spielen, wie sie ursprünglich für eine ständige UN-Truppe gemäß Artikel 47 der UN-Charta vorgesehen war. Sie würde nur dann in einen externen Staat eingreifen, wenn sie vom Rat dazu ermächtigt würde; umgekehrt wäre sie aber wie ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Maßnahmen zur Durchsetzung der Sicherheit zu unterstützen, wie sie vom Sicherheitsrat gemäß der Charta beschlossen werden.

Es ist leicht vorstellbar, dass eine solche Gemeinschaft, die neuen Mitgliedern offen steht, vorbehaltlich geeigneter Kriterien bezüglich Demokratie und friedlicher Beziehungen zu ihren Nachbarn, und die ihnen zudem neue Strukturanpassungsfonds in Aussicht stellt, viele neue Mitglieder anziehen würde. Auch die bestehenden Mitglieder müssten sich an die Grundsätze der demokratischen Regierungsführung halten. In Anbetracht der voranschreitenden weltweiten Demokratiserung könnte die Mitgliedschaft bald die Mehrheit der Nationen der Welt umfassen. Auf lange Sicht bestünde dann die Hoffnung auf eine universelle Mitgliedschaft der Gemeinschaft, die dann ein geeignetes Forum zur Diskussion und Festlegung einer gemeinsamen Politik in Fragen außerhalb des Sicherheitsbereichs, einschließlich Handel, Finanzen und Umwelt, bieten würde. In absehbarer Zeit kann man sich vorstellen, dass sich die Gemeinschaft zu einem vollwertigen System der demokratischen Weltordnungspolitik entwickelt.

Bild: Treffen der NATO-Verteidigungs- und Außenminister im NATO-Hauptquartier in Brüssel 2010, DOD-Foto von U.S. Air Force Master Sgt. Jerry Morrison (Wikimedia Commons)

Chris Hamer
Chris Hamer is the founder of the World Citizens Association of Australia and a Council member of the World Federalist Movement