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Verteidiger der Demokratie bei der UNO: es sind andere, als oft gedacht

Meeting of the UN General Assembly on 21 December 2017. UN Photo/Manuel Elias

Jedes Jahr im September versammeln sich die Staats- und Regierungschefs der Welt in New York zu einer allgemeinen Debatte während der Eröffnung der nächsten Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Bei International IDEA untersuchen wir die globale Entwicklung der Demokratie und waren daran interessiert herauszufinden, inwieweit Regierungsvertreterinnen und -vertreter in ihren Erklärungen in der hochrangigen Woche der Versammlung auf die Demokratie Bezug nehmen. Zu diesem Zweck haben wir alle Reden aus den Jahren 2015 bis 2023 untersucht.

Die Daten zeigen, dass Demokratie ein wichtiges Thema im globalen Diskurs ist. Sie wurde von mehr als drei Vierteln der Länder der Welt in den Generaldebatten der UNO seit 2015 erwähnt, Länder aus allen Regionen und mit allen Stufen der demokratischen Reife. Trotz des weltweiten Trends zum Rückgang der Demokratie betonen viele Länder – vor allem in Afrika, Lateinamerika und der Karibik – die Demokratie und ihren Wert in ihren Reden.

Die Studie widerlegt die Vorstellung, dass die Demokratie hauptsächlich von westlichen Regierungen vertreten wird. Bei der UN-Generaldebatte wird der demokratische Diskurs tatsächlich vielmehr von den Ländern der “globalen Mehrheit” angeführt.

Die Studie widerlegt die Vorstellung, dass die Demokratie in erster Linie von westlichen Regierungen vertreten wird

Länder mit den meisten Erwähnungen von Demokratie bei den UN-Generaldebatten 2015-2023. Quelle: International IDEA

Dies wird beispielsweise deutlich, wenn man sich die UN-Mitgliedstaaten ansieht, die die Demokratie am häufigsten erwähnt haben. Chile war das Land, von dem die Demokratie am häufigsten erwähnt wurde, gefolgt von den Vereinigten Staaten. Zu den weiteren Ländern, die am häufigsten genannt wurden, gehören Nepal, Peru, Liberia, Ghana, die Mongolei und Gambia. Aus den Reihen der  westlichen Länder findet sich in der Top-20-Liste nur die USA, Spanien und Schweden. Von den 101 Ländern, die die Demokratie am häufigsten erwähnten (10 Nennungen oder mehr), gehören mehr als zwei Drittel (70%) zur Gruppe der Entwicklungsländer der G77 und China. Nur 13 der 101 Länder, die die Demokratie am häufigsten erwähnen, sind OECD-Länder.

Insgesamt war Afrika die Region mit den meisten Erwähnungen der Demokratie. Der Nahe Osten, die am wenigsten demokratische Region der Welt, steht an letzter Stelle. Ein Viertel (25%) der Länder, in denen die Demokratie häufig erwähnt wurde, waren nicht-freie Länder. Dazu gehörten zum Beispiel Venezuela, Russland, Kambodscha, Kuba, Weißrussland, China und der Iran.

Mitgliedstaaten, die über ein demokratisches Regierungssystem verfügen, erwähnen die Demokratie tendenziell häufiger. Einundvierzig Prozent der Länder, die die Demokratie mindestens 10 Mal erwähnten, waren nach der Klassifizierung von Freedom House freie Länder, und 21 Prozent hatten nach der Einschätzung von International IDEA ein hohes Maß an demokratischer Leistung. Fünfunddreißig Prozent der Länder waren teilweise frei, und mehr als die Hälfte von ihnen (54%) wiesen nach den Indizes von International IDEA ein mittleres Niveau der demokratischen Leistung auf.

Die große Mehrheit (82%) der Reden bezog sich positiv auf die Demokratie als Regierungssystem und eine Reihe von Werten. In allen Regionen wurde auch die Besorgnis über Bedrohungen der Demokratie, wie Autoritarismus, Korruption und Desinformation, hervorgehoben.

Unsere Analyse der Reden der UN-Generalversammlung zeigt die anhaltende Bedeutung der Demokratie in der Weltpolitik. Die Ergebnisse widersprechen der landläufigen Meinung, dass Demokratie eine westliche Angelegenheit sei. In den UN-Debatten ist das Gegenteil der Fall. Sie zeigen, dass das Thema Demokratie in Afrika, Lateinamerika und darüber hinaus als wichtig angesehen wird.

Annika Silva-Leander
Dr. Annika Silva-Leander is Head of North America and Permanent Observer of International IDEA to the United Nations