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Zustimmung zur Demokratisierung der UNO wächst

UN photo

Erklärung der Zivilgesellschaft zu UN75

Im Hinblick auf den 75. Jahrestag der Unterzeichnung der Charta der UN am 26. Juni 1945 werden die Forderungen nach einer Demokratisierung der Weltorganisation lauter.

Eine von der zivilgesellschaftlichen Initiative UN2020 und der in London ansässigen Organisation Together First verfasste Erklärung wurde am 14. Mai 2020 bei einer Online-Veranstaltung dem Präsidenten der aktuellen 74. Sitzung der UN-Generalversammlung, Tijjani Muhammad-Bande aus Nigeria, vorgestellt. Das Dokument ist als zivilgesellschaftlicher Beitrag zu den Beratungen der Weltorganisation über eine Erklärung zum 75. Jahrestag gedacht, die im September in New York verabschiedet werden soll.

Unter anderem wird in dem zivilgesellschaftlichen Dokument mit einer Weltbürgerinitiative, kurz UNWCI, die Schaffung eines „globalen Petitionsinstruments“ empfohlen. Demnach soll es einer  “kritischen Masse von Einzelpersonen” ermöglicht werden, Vorschläge auf die Tagesordnung der UN zu setzen. Ferner unterstützt es die Einrichtung einer direkt gewählten beratenden Parlamentarischen Versammlung bei der UN, kurz UNPA, die „das Wohlergehen aller Menschen und des Planeten fördern würde“.

Eines der Diskussionsforen auf dem virtuellen UN2020-People’s Forum. Die Veranstaltung wurde von mehreren hundert Teilnehmer*innen verfolgt. Quelle: UN2020

In einem Beitrag bei der Online-Veranstaltung wies der Geschäftsführer von Demokratie ohne Grenzen, Andreas Bummel, darauf hin, dass diese beiden Vorschläge seiner Meinung nach der Schlüssel zur Stärkung des demokratischen Charakters der UN sind, und er begrüßte ihre Aufnahme in das Dokument. Gleichzeitig sagte er, das „allerwichtigste Hauptziel“ sei es, einen laufenden Post-2020-Prozess zu erreichen, der Innovationen im Bereich der globalen Regierungsführung verfolgt. Eine entsprechende Empfehlung ist ebenfalls in dem Dokument enthalten.

Als Podiumsteilnehmer bemerkte der stellvertretende Delegationsleiter der EU bei der UN, Silvio Gonzato, in der Diskussion, dass eine direkt gewählte UNPA „nicht nur beratend sein kann“, weil sie „viel mehr Legitimität“ hätte als die Diplomat*innen in der Generalversammlung. „Es wäre eine institutionelle Revolution für die UN, eine solche Versammlung einzurichten“, sagte er.

Die Vizepräsidentin des Internationalen Friedensinstituts in Wien und ehemalige Untergeneralsekretärin der UN, Angela Kane, warnte davor, dass eine allgemeine Überprüfung der UN-Charta zum jetzigen Zeitpunkt möglicherweise keine positiven Veränderungen herbeiführen würde, und schlug vor, dies unter besseren politischen Bedingungen zu tun. Demokratie ohne Grenzen betont, dass eine UNPA und ein UNWCI unterhalb der Schwelle einer Charta-Reform geschaffen werden können.

Unter anderem wird die Kampagne für eine UNPA von über 1.600 derzeitigen und ehemaligen Parlamentsabgeordneten unterstützt, und die Kampagne für eine UNWCI wird inzwischen von rund 200 zivilgesellschaftlichen Gruppen und Netzwerken aus der ganzen Welt unterstützt.

Ein Manifest für globale Demokratie

Als Antwort auf die Coronavirus-Pandemie fordert ein neues Manifest der argentinischen zivilgesellschaftlichen Organisation Democracia Global „geteilte Souveränität, Koordination und Kooperation auf globaler Ebene“ und eine „föderalere und demokratischere politische Struktur, die in der Lage ist, die Globalisierung zu regulieren“.

Das Dokument steht zur Unterstützung offen, auf der Website sind bisher rund zwanzig Gruppen sowie einhundert Einzelpersonen aufgeführt, darunter fünf ehemalige Staats- und Regierungschefs aus Belgien, Kroatien, Mali, Mexiko und Uruguay.

Die Unterzeichner*innen der Erklärung „fordern die nationalen Staats- und Regierungschefs und die internationalen Institutionen dringend auf, Konsequenzen aus der Coronavirus-Krise zu ziehen“ und „ein besser integriertes politisches System des 21. Jahrhunderts zu schaffen, die regionalen Institutionen zu stärken, die Vereinten Nationen zu reformieren und jede Regierungsebene repräsentativer und effektiver zu gestalten, zum Beispiel durch die Schaffung einer Parlamentarischen Versammlung bei der UN“.

Neue Gruppen gegründet

In einer „Deklaration zur Interdependenz“, die im April von der neuen Gruppe Oneshared.World veröffentlicht wurde, heißt es, dass „wir anstreben, den demokratischen Ausdruck unserer gemeinsamen Menschlichkeit als eine wesentliche Säule unserer globalen Machtstruktur zu fördern“.

Die im Januar gestartete neue Bewegung NOW! erklärt auf ihrer Website, dass „die Unfähigkeit der BürgerInnen, sich sinnvoll an internationalen Institutionen beteiligen und ihrer Stimme Gehör verschaffen zu können“, einen Grund für eine globale Mobilisierung darstelle.

Eine andere neue Gruppe, die vor kurzem ins Leben gerufen wurde, Young World Federalists, tritt für eine „demokratische Weltregierung“ ein. Sie sehen sich als Ergänzung zu den Bemühungen des 1947 gegründeten World Federalist Movement, das unter anderem bei der Koordinierung der zivilgesellschaftlichen Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof eine wichtige Rolle spielte.

Die UN geht davon aus, dass das Format des Jubiläumsgipfels im September aufgrund der Coronavirus-Pandemie nicht „business as usual“ sein wird. Da persönliche Treffen nicht möglich sind, wurden die zwischenstaatlichen Verhandlungen über die Reform des Sicherheitsrates „bis auf weiteres“ verschoben. Die Arbeit an einer Gipfelerklärung wird jedoch fortgesetzt. Die Ko-Vermittler Schwedens und Katars haben kürzlich einen so genannten Zero-Draft veröffentlicht, der jetzt zur Diskussion steht.

Übersetzt aus dem Englischen von Sabina Triseckin