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Studie: Mehrheiten weltweit unterstützen demokratische globale Regierung

Photo by NastyaSensei from Pexels

In einer neuen Studie, die kürzlich in der Zeitschrift International Studies Quarterly veröffentlicht wurde und frei verfügbar ist, stellen wir fest, dass überwältigende Mehrheiten in 17 Ländern des globalen Südens, Nordens, Ostens und Westens die Schaffung einer demokratischen Weltregierung befürworten, um dringende globale Herausforderungen wie den Klimawandel zu bewältigen. Ein Land sticht jedoch als Ausnahme hervor: die Vereinigten Staaten.

Befürwortung einer demokratischen Weltregierung, die sich auf globale Fragen konzentriert

Nach dem Zweiten Weltkrieg unterstützten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Albert Camus, Albert Einstein, Jawaharlal Nehru und Bertrand Russell die ewige Idee einer Weltregierung – zur Förderung des globalen Friedens und der Sicherheit. Heute propagieren Forscherinnen und Forscher ähnliche Ideen – wenn auch unter anderen Bezeichnungen wie “kosmopolitische Demokratie”. Allerdings werden solche Vorschläge von Fachleuten, Diplomatinnen und Diplomaten sowie anderen Praktikerinnen und Praktikern oft schnell verworfen mit der Begründung, dass die meisten Menschen sie nicht unterstützen würden. Aber stimmt das denn?

Wir haben ein internationales Umfrageexperiment durchgeführt, um die öffentliche Unterstützung für verschiedene Vorstellungen von einer Weltregierung zu untersuchen. Zwischen 2017 und 2021 haben wir mehr als 42.000 Personen in 17 Ländern weltweit befragt, die 54% der Weltbevölkerung repräsentieren. Wir stellen fest, dass der Vorschlag einer Weltregierung weltweit auf große Unterstützung stößt, die je nach Spezifikation und Land variiert.

Die Befragten in jedem Land wurden nach dem Zufallsprinzip entweder der Kontroll- oder der Behandlungsgruppe zugewiesen. Die Menschen in der Kontrollgruppe wurden gefragt, inwieweit sie “die Einrichtung einer Weltregierung” unterstützen oder ablehnen. In einer anderen Gruppe wurde die vorgeschlagene Weltregierung als demokratisch spezifiziert, während in einer weiteren die Weltregierung als auf transnationale Fragen konzentriert konzipiert wurde – beides gängige Spezifikationen in der akademischen Literatur. Der vollständige Vorschlag schließlich kombinierte die Angaben zur Demokratie und zu globalen Themen:

Die Einrichtung einer Weltregierung, die insofern demokratisch sein sollte, als die Menschen auf der ganzen Welt durch freie und faire Wahlen oder andere Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung repräsentiert würden, und die das Recht und die Macht haben sollte, sich mit globalen Fragen wie Klimawandel, Armut in der Welt und internationalem Frieden zu befassen, während die nationalen Regierungen die Kontrolle über nicht globale Fragen behalten würden.

Abbildung 1 zeigt, dass die Zustimmung in den einzelnen Ländern (bei gleicher Gewichtung) von 48% bei keinen Angaben auf 68% anstieg, wenn deutlich gemacht wurde, dass die vorgeschlagene Weltregierung demokratisch sein würde, und wiederum auf 67%, wenn sie sich auf globale Fragen konzentriert. Darüber hinaus unterstützen 69% der Befragten in allen Ländern eine demokratische Weltregierung, die sich auf transnationale Fragen konzentriert.

67% der Befragten unterstützen eine demokratische Weltregierung, die sich auf globale Fragen konzentriert

Als wir während der Pandemie den Schwerpunkt einer demokratischen Weltregierung auf die Bekämpfung von COVID-19 legten, stieg die Unterstützung in allen Ländern auf 71%. Wenn wir die Länder nach ihrer Bevölkerungszahl gewichten (und nicht gleichmäßig), unterstützen 73% der Befragten in allen Ländern eine demokratische Weltregierung, die sich auf transnationale Fragen konzentriert. Bei einer Gewichtung nach der Bevölkerungszahl wird sogar der Vorschlag einer nicht näher bezeichneten Weltregierung von 58% der Befragten unterstützt (siehe Abbildung 2 in unserem Artikel).

Abbildung 1: Anteil der Antworten nach Bedingung in den einzelnen Ländern, unter Verwendung gleicher Gewichte. Anmerkungen: Mögliche Abweichungen von 100% in jeder Zeile sind auf Rundungen zurückzuführen. Die experimentellen Bedingungen, die sich auf COVID-19 beziehen, wurden nur in der dritten Erhebungsrunde berücksichtigt, während die experimentelle Bedingung “Globale Themen” in dieser Form in der britischen Erhebung 2018 nicht enthalten war (siehe Tabelle 1 in unserem Online-Anhang).

Lassen Sie uns nun unsere Ergebnisse in den einzelnen Umfrageländern diskutieren, wobei wir uns auf den vollständig spezifizierten Vorschlag einer demokratischen Weltregierung konzentrieren, die sich mit transnationalen Fragen befasst (wie in Abbildung 2 dargestellt).

Zuallererst unterstützen Mehrheiten in allen Ländern – mit Ausnahme der Vereinigten Staaten – den Vorschlag einer vollständig spezifizierten Weltregierung. Ägypten, Indien, Kenia, Indonesien, Südkorea, Kolumbien und Ungarn haben mit 75% bis 82% der Befragten, die diese Idee unterstützen, die größten Mehrheiten dafür. Die Verschiedenartigkeit dieser Länder – unter anderem in Bezug auf Bevölkerung, Entwicklung, Freiheit und Einfluss – veranschaulicht die breite Anziehungskraft der Idee in der ganzen Welt. Abgesehen von den Vereinigten Staaten waren Russland und Argentinien mit 56% bzw. 58% die Länder, die die Idee am wenigsten unterstützten – immer noch komfortable absolute Mehrheiten.

Der Ausreißer sind die USA, wo nur 45% die Idee unterstützen. Die öffentliche Meinung in den USA stellt also ein potenzielles Hindernis für jegliche Bemühungen um die Einrichtung einer Weltregierung dar. Dies spiegelt sich auch in dem bei weitem größten Anteil von Antworten mit “starker Ablehnung” in den USA mit 24% wider, gefolgt mit Abstand von 16% in Argentinien und 15% in Russland. Die USA sind das einzige der befragten Länder ohne Mehrheitsunterstützung.

Abbildung 2: Einstellungen zu einer demokratischen Weltregierung, die sich auf transnationale Themen konzentriert, nach Land. Anmerkungen: Mögliche Abweichungen von 100% in jeder Zeile sind auf Rundungen zurückzuführen. Die Daten, die dieser Grafik zugrunde liegen, stammen aus allen drei Hauptumfragerunden (siehe Tabelle 1 in unserem Online-Anhang).

Im Allgemeinen ist die Unterstützung für eine demokratische Weltregierung, die sich auf transnationale Fragen konzentriert, in bevölkerungsreicheren, weniger freien, weniger einflussreichen oder weniger entwickelten Ländern noch stärker. In unserem Artikel wird die Hoffnung auf mehr internationalen Einfluss (in bevölkerungsreichen und weniger mächtigen Ländern) und ein demokratischeres Mitspracherecht in globalen Fragen (in weniger freien Ländern) als mögliche Gründe genannt.

Auf der anderen Seite könnte die Furcht vor einer globalen Umverteilung von Wohlstand in einer solchen alternativen Weltordnung erklären, warum die Unterstützung in reicheren Ländern (durchschnittlich 66%) sechs Prozentpunkte niedriger ist als in ärmeren Ländern. Auch wenn klare Mehrheiten in freien Ländern eine demokratische Weltregierung unterstützen, die sich auf die globalen Herausforderungen konzentriert (durchschnittlich 56%), ist die Unterstützung dort wesentlich geringer als in teilweise oder gar nicht demokratischen Ländern (durchschnittlich 75%), was darauf hindeutet, dass die Angst vor dem Verlust demokratischer Privilegien in der erstgenannten Gruppe ein Faktor sein könnte.

Die Ergebnisse ermutigen NGOs, die sich für eine Umgestaltung der Global Governance einsetzen

Unsere Studie offenbart eine weitgehend übersehene Seite der heutigen Weltöffentlichkeit: die mehrheitliche Unterstützung für weitaus stärkere Global-Governance-Institutionen als die, die derzeit existieren. Diese Ergebnisse sind besonders relevant in einer Zeit, in der die Welt vor großen transnationalen Herausforderungen wie Klimawandel, Kriegen, Pandemien, Armut, Massenmigration und Umweltzerstörung steht.

Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die Reformprozesse eingeleitet haben, und Nichtregierungsorganisationen, die sich für eine Umgestaltung der Global Governance einsetzen, wie Demokratie ohne Grenzen, könnten sich in ihren Bemühungen bestärkt fühlen. Unsere Studie zeigt, dass es in Ländern auf der ganzen Welt ein starkes Mandat der Bevölkerung gibt, Visionen für eine stärkere und demokratischere Global Governance zu verfolgen, um die grenzüberschreitenden Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, zu bewältigen.

Farsan Ghassim
Dr. Farsan Ghassim is the Junior Research Fellow in Politics at The Queen's College, University of Oxford. He previously worked at Bain, the German foreign service, the EU Parliament, and the UN. He holds a DPhil in International Relations (Oxford), an MA in Global Affairs (Yale), and a BSc in Management (LSE).
Markus Pauli
Dr. Markus Pauli is Assistant Professor in political science at Dublin City University. He has held positions at Yale-NUS, the National University of Singapore, and Heidelberg University. He co-authored “Statecraft & Foreign Policy: India 1947–2023,” Dublin City University Press.